Mittwoch, 17. Juni 2015

Wofür es sich zu kämpfen lohnt


Unter o.g. Titel erschien in der Zeitschrift "Hohe Luft", die sich der Philosophie verschrieben hat, ein Artikel, in dem es um die Gegenüberstellung von Gelassenheit und Engagement, bzw, Schicksalsergebenheit und Auflehnung gegen die äußeren Umstände geht.
Einen großen Teil des Artikels nimmt die Rezeption der Stoa und des Buddhismus ein.
Leider bedient auch hier der Autor die üblichen Vorurteile und Missverständnisse beider Weltanschauungen.
So wird der Stoiker als "hart aber nicht glücklich" und auch als nicht menschlich bezeichnet. Freiheit von Affekten wird gleichgesetzt mit emotionslos und auch Schopenhauer wird zitiert, der den stoischen Weisen als hölzernen, steifen Gliedermann bezeichnet, mit dem man nichts anfangen kann und der nicht weiß wohin mit seiner Weisheit(...)(der) dem Wesen der Menschheit vollkommen widerspricht.
Vor diesem Hintergrund fragt sich der Autor auch, ob der Stoiker nicht der perfekte Untertan ist, und sich beispielsweise gegen die Herrschaft der Nationalsozialisten auflehnen würde.

Den Stoikern ging es niemals um ein völliges Ausrotten aller EMOTIONEN, sondern um die Gefühle, die zerstörerisch auf die Person und ihr Leben einwirken. Dazu gehören z.B. übertriebene Angst, Panik, soziale Phobie, Neid, Missgunst, Hass etc.
 Das hat die Stoa übrigens mit der REVT gemeinsam, die durch vernünftige Reflektieren ihre Klienten von ungesunden zu gesunden Gefühlen führen möchte.
Don Robertson stellt in "Stoicism and the art of Happiness" heraus, dass der Stoiker zwar nicht versklavt werde durch seine Gefühle, das aber noch lange nicht bedeute dass er hartherzig und gefühllos sei. Ebenso wenig sei es das Ziel, gesunde und natürliche Gefühle wie Liebe, Freundschaft und Barmherzigkeit, aber auch Vorsicht, Ärger und begründetes Misstrauen auszuschalten.

"Wer liebt macht sich verletzlich" heißt es in dem Artikel, und weiter: "er liefert sich aus. Er hat nicht mehr alles unter Kontrolle!"
Wer hat behauptet, dass der Stoiker ALLES unter Kontrolle hat? Ganz im Gegenteil, die stoische Philosophie reflektiert am klarsten, was man alles NICHT unter Kontrolle hat.
Aber müssen Liebe und "sich ausliefern" zwangsläufig einander bedingen?

Meiner Meinung nach reduziert der Autor die Stoa zu sehr auf den Umgang mit Emotionen und Leidenschaften. Die Stoiker waren aber auch Befürworter von Ehe und Familie, von Freundschaft und Solidarität und sie sahen die Menschheit als große Familie an.

Vor diesem Hintergrund hätte ein Stoiker genug Gründe sich gegen ein brutales Regime wie den Nationalsozialismus aufzulehnen, nicht aus blinder Wut, sondern aus seinem Sinn für Gerechtigkeit heraus.
Und auch in der heutigen Welt hat man als Stoiker genug Gelegenheiten sich gegen Unrecht und unmenschlichen Umgang aufzulehnen. Natürlich weiß er immer, dass das Ergebnis seines Handelns nicht von ihm abhängt, sein Handeln selbst aber seiner vollen Kontrolle unterliegt.

Am Ende des Artikels kommt der Autor zu dem Schluss, dass sowohl Gleichmut als auch Eifer, Wut UND Vernunft zu einem erfüllten Leben gehören. Gerechtigkeit und Menschlichkeit seien Dinge für die es sich zu kämpfen lohne...auch wenn es aussichtslos zu sein scheint.

Richtig!
Und genau diese Haltung finde ich in der Stoa!

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