Freitag, 26. Dezember 2014

Gott und die Stoa

.(..)Gib mir Geduld und Gelassenheit(...)Gott, was Du mir schickst will ich annehmen, Erfolg und Mißerfolg, Freude und Mühsal
Nein, das ist kein Zitat aus Epiktets Schriften, könnte aber durchaus von ihm inspiriert sein. Epiktet hat so oft Gott erwähnt, dass auch die späteren Christen seine Schriften als hilfreich und lesenswert empfanden.

In meinem Sommerurlaub ist es passiert. Durch den Anblick von Meer und Wellen, endlosen Sanddünen, sternenklaren Nächten habe ich damit begonnen wieder zu beten.
Diese Entwicklung geschah nicht ganz ohne Vorankündigung. Schon in der Zeit davor fielen mir viele Parallelen zwischen Stoa und christlichem Glaube ins Auge. Insbesondere die Vorschläge für einen "stoischen Tagesplan" in englischsprachigen Blogs stießen meine Nase wieder auf das Thema Gebet. Ich will das am Thema "abendliche Rückschau" festmachen.

In einem atheistischen Stoizimsus ist der Mensch ganz auf sich selbst gestellt, auf sich selbst zurückgeworfen. Bei der abendlichen Rückschau auf den Tag, bei der ich mir meiner Verfehlungen bewußt werde, bleibt mir nichts anderes übrig, als zu erkennen, wie weit ich vom "stoischen Weisen" noch entfernt bin. Ich frage mich dann, ob meine Lebenszeit überhaupt reicht, auch nur ansatzweise "besser" zu werden.

An einem Abend im Sommer wandte ich mich während dieser Rückschau spontan an Gott, überließ ihm meine Fehler und Sorgen und bat ihn um Vergebung. Dadurch endete diese Rückschau mit einem Gefühl tiefen Friedens und einem blendenden Schlaf.

Gerad im professionellen Rahmen ist die Stoa eine hervorragende Methode, Ordnung im inneren Chaos zu schaffen. Auch zur rein menschlichen Selbstverbesserung empfinde ich sie als sehr hilfreich.

Aber dort, wo ich mit meinem Latein am Ende bin, wo mich Sorgen und Angst überwältigen, wo ich auch einfach mal sein möchte, ohne mich ständig an der Kandarre nehmen zu müssen, dort bin ich dankbar, mich an einen hörenden Gott wenden zu dürfen, der mich am Ende der Zeiten annehmen wird, ob ich nun ein stoischer Weiser bin oder nicht.

Donnerstag, 18. Dezember 2014

Metta bhavana auf stoisch oder...

betet für die, die Euch hassen!

Je tiefer man in  Philosophie und Religion eindringt, desto mehr erkennt man die immer wiederkehrenden Wahrheiten in den unterschiedlichsten Systemen.
Im Buddhismus gibt es eine Meditation namens "metta-bhavana".
Kurz gesagt beinhaltet diese Übung das Senden liebevoller Gedanken. Je nach Anleitung beginnt man entweder bei sich selbst oder bei seiner Mutter, fährt bei Familie und Freunden fort, sendet sein Wohlwollen dann an neutrale Personen und schließlich auch an die "schwierigen" Menschen, die Feinde, sofern man welche hat.
Der Sinn dieser Übung liegt meines Erachtens weniger in der Annahme, dass dieses Wohlwollen tatsächlich bei den Betreffenden ankommt, vielmehr findet eine Reinigung des eigenen Geistes statt, indem man sich von Hass und Rachegedanken befreit.

Bei den amerikanischen Stoikern habe ich vor einiger Zeit exakt die gleiche Übung entdeckt.

Allerdings braucht man gedanklich weder ins alte Griechenland, noch ins ferne Südostasien zu reisen um dieses Prinzip zu entdecken. Wenn Jesus bsp.weise in Matthäus 5, Vers 44 sagt:

Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen.
geht es um das Gleiche: Psychische Gesundheit und Auflösen von Hass und Rache. Wer mal versucht, auch gerne widerstrebend, für seine Gegner um Gottes Segen zu bitte, erfährt die gleiche Befreiung von Groll, wie der meditierende Buddhist oder Stoiker.