Dienstag, 16. Juni 2015

Resilienz

Neulich besuchte ich eine Fortbildung unter dem Titel "Resilienz- den Arbeitsalltag bewältigen".
Wie alle Fortbildungen dieser Art war der Vortrag eine wilde Mischung aus Psychologie, NLP, etwas Glücksforschung und Stoizismus.
Ja, tatsächlich, auch Lehren der Stoa waren in dem Thema versteckt, wenn auch unter anderen Stichworten.

So stellte die Dozentin beispielsweise die These auf, dass der sogenannte Burn-Out oder die Erschöpfungsdepression aus der mangelnden Kontrolle der Emotionen herrührt.
Welche Philosophie wäre also besser geeignet die eigenen Emotionen zu kontrollieren? Wohlgemerkt: kontrollieren, nicht unterdrücken!!!
So sollen wir zwar unsere negativen Emotionen wie Wut, Enttäuschung oder auch Neid wahrnehmen und benennen, es dann aber unterlassen weiter in ihnen zu schwelgen oder ihnen mit unserem Kopfkino neue Nahrung zukommen zu lassen. Wir lassen uns also nicht durch unsere Emotionen "versklaven" wie Zenon es einst ausdrückte.
Aber nicht nur unsere eigenen Emotionen sind zu managen, auch die der Anderen müssen wir aushalten. So fällt es uns unter anderem deshalb so schwer im Alltag Grenzen zu ziehen, weil wir damit bei anderen negative Emotionen produzieren.
Immer wenn wir eine Grenze ziehen, "Nein" sagen oder uns nicht beeinflussen lassen, nehmen wir einem anderen etwas weg. Wir müssen es also ertragen, dass der andere nicht glücklich ist. Allerdings liegt weder das Glück der anderen, noch deren Frustrationstoleranz in unserem Kontrollbereich. Natürlich bedeutet auch dies nicht hartherzig und egoistisch durchs Leben zu gehen, aber wir dürfen auch nicht auf der anderen Seite vom Pferd fallen und versuchen es jedem mit dem wir im Job Kontakt haben recht zu machen. Das wäre nicht nur unprofessionell sondern auch selbst-ausbeuterisch.

Bezüglich als negativ empfundener Situationen stellte sie Dozentin die bekannte Trichotomie

Change it or Love it or Leave it
(Ändere es, liebe es oder (Ver)lass es!)

vor. Bei Change it nähern wir uns wieder Epiktet, indem wir uns fragen müssen: was kann ich denn tatsächlich ändern? Laut ihm ist es nämlich nur mein eigenes Verhalten, meine Urteile und mein Wollen das ich ändern kann. Allerdings kann man das Potential kleiner Verhaltensänderungen seinerseits gar nicht groß genug einschätzen. 
Love it ist missverständlich, denn hier geht es nicht darum eine negative Situation tatsächlich zu "lieben", sondern darum einen Weg zu finden mit ihr zu leben. Ich kann eine Situation z. B. umdeuten. Angenommen eine Kollegin räumt permanent hinter mir her, seufzt vielleicht dabei noch oder schüttelt den Kopf über die vermeintliche oder tatsächliche Unordnung. Deutung A meinerseits könnte sein: "Blöde Kuh! Kehr vor Deiner Tür! Was geht's Dich an!" oder aber B: "Wie zuvorkommend, nett, hilfreich..." Hierbei geht es weniger um die "Wahrheit" als darum einen Weg zu finden mit der Situation so umzugehen, dass wir uns nicht daran aufreiben.
Leave it wiederum kann einen tatsächlichen Jobwechsel bedeuten oder aber eine Situation komplett los zulassen , so dass sie uns emotional weder positiv noch negativ beschäftigt.

Der letzte Punkt betrifft die Akzeptanz der Wirklichkeit, so wie sie nun mal im Moment ist. Auch hierbei müssen wir uns wieder die Frage nach unserem eigenen Kontrollbereich stellen. Wir haben keine Möglichkeit zu beeinflussen was JETZT in DIESEM Moment passiert. Ebensowenig können wir die Vergangenheit ändern. Erst in etwa einer halben Sekunde beginnt der Bereich auf den wir etwas Einfluss haben.
Die Kunden stürmen in Massen den Laden? Der Chef hat die mieseste Laune seit 5 Jahren? Trotz unserer besten Absichten und Bemühungen ging das Projekt in die Hose?
Es ist wie es ist. Das hier und jetzt ist der Moment in dem wir zeigen können ob wir nur Online-Philosophen sind oder ob unsere Anschauungen für die Wirklichkeit taugen.

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