Dienstag, 18. Februar 2014

Schädliche Gedanken No 3


Und schließlich:
Ich denke: Es ist eine Katastrophe, wenn die äußeren Umstände so sind, dass ich etwas sehr entbehren muss oder weniger bekomme als ich mir wünsche oder dass ich zu lange und zu hart dafür arbeiten muss, damit meine Wünsche sich erfüllen.Ich kann ein Leben nicht ertragen, das mir mehr abverlangt als ich geben will; denn das ist nicht nur hart, das ist zu hart.Mein Leben ist elend und beklagenswert, wenn die Dinge falsch laufen und ich nicht genau das erreiche, was ich will, wann immer ich es will. Es ist so unerträglich, dass es nicht lebenswert ist. Ich könnte mich  genauso gut umbringen,  um diesen schrecklichen Umständen  zu entgehen.

Das nun ist allerdings derart verblendet, dass mir fast die Worte fehlen. Gelesen erscheint es mir fast zu doof, als dass dies jemand wirklich erntshaft denken könnte, und doch, im stillen Kämmerlein entdecke ich an mir durchaus solche Gedankenmuster.
Wer sind wir, dass wir glauben, der Sinn unseres Lebens bestehe in der Rundumversorgung unserer Bedürfnisse durch das Universum? Und wie verweichlicht und degeneriert sind wir, dass wir glauben keinerlei Entbehrungen ertragen zu können? Vor gerademal 70 Jahren wurde eine ganze Generation in einem sinnlosen Krieg verheizt und unser Land buchstäblich in die Steinzeit zurück gebombt, DAS sind elende Umstände.
Doch nichtsdestotrotz befinden wir uns alle in der hedonistischen Tretmühle, wie Irvine es nennt. Wir können nie genug bekommen und sind nie zufrieden. Und wenn Mutti Universum uns kein neues Smartphone schenkt, oder einen Arbeitsplatz genau auf unsere Bedürfnisse zugeschnitten, oder eine neue Liebesbeziehung pünktlich zu den Feiertagen, dann setzen wir uns in die Ecke und schmollen.
Die Stoiker sahen den Weg zum Glück nicht im Erreichen aller unserer Ziele und der Erfüllung aller unserer Wünsche. Vielmehr strebten sie eine innere Haltung an, die uns zufrieden sein lässt mit dem, was wir haben und sind. Und die Härten des Lebens waren für sie willkommene Prüfsteine, die es ihnen ermöglichten, Tugenden wie Tapferkeit, Selbstdisziplin und Genügsamkeit zu entwickeln.

Merke: Benimm Dich im Leben wie bei einem Gastmahl. Eine Speise wird herumtragen und gelangt zu dir: du langst dir zu und nimmst mit Anstand davon. Sie wird vorüber getragen: du hältst sie nicht zurück. Sie ist noch nicht an dich gekommen: du unterdrückst dein Verlangen und wartest ruhig bis sie an dich kommt. So mach es deinen Kindern, deiner Frau, Ehrenstellen und Reichtümern gegenüber und du wirst ein würdiger Tischgenosse der Götter sein.

- Epiktet, Handbüchlein der Moral, 15


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