Donnerstag, 15. Dezember 2016

Acceptance and Commitment

Im vorherigen Post über die Stoa als Glücksrezept habe ich den Begriff  "Feelgoodism" benutzt. Dieser stammt von Russ Harris und ist seinem Buch "The Happiness Trap", zu Deutsch "Die Glücksfalle" entnommen.
Der Begriff soll beschreiben, dass  in unserer westlichen Kultur mittlerweile eine Art Diktatur des "glücklich", "positiv", "locker" und "immer gut drauf"-seins existiert. Wir werden mit Botschaften bombardiert wie wir unser Leben verbessern, unsere Leistungsfähigkeit anheben, ja sogar unsere Gedanken glücklicher machen können.
Da wir in der Realität jedoch immer wieder mit Negativem konfrontiert werden, setzt uns der Versuch immer "positiv" und "optimistisch" zu sein noch zusätzlich unter Druck. Glücksrezepte werden dadurch nicht zur Lösung sondern vielmehr Teil des Problems. Mit Glücksrezepten sind vor allem Versuche gemeint negativen Emotionen und Erfahrungen zu entrinnen bzw. sie zu unterdrücken und nur positives zuzulassen. Das MUSS nämlich über kurz oder lang zwangsläufig scheitern.
Aus diesen Überlegungen heraus hat sich im Rahmen der "dritten Welle" der Verhaltenstherapie die sogenannte "Acceptance and Commitment"-Therapie(kurz ACT) entwickelt. Ich werde hier nicht sehr tief auf diese eingehen sondern empfehle wärmstens das enstprechende Buch von Russ Harris. Wer es lieber als Comic (aber genauso nützlich und gehaltvoll) mag wird HIER fündig.

Was hat das nun mit der Stoa zu tun?

Nun zum einen fußen viele der modernen Psychotherapien wie die Kognitive Verhaltenstherapie oder Viktor Frankls Logotherapie u.a. auf dem philosophischen Fundament der Stoa. Das trifft auch auf die ACT zu.

Zum andren habe ich in Russ Harris' Buch ein Kapitel entdeckt, das geradezu "epiktetisch" anmutet.
Es lautet "Konzentrieren Sie sich auf das was Sie kontrollieren können"!

Zunächst schreibt Harris:

Was haben Sie unter Kontrolle? Hauptsächlich zwei Dinge: Ihr Handeln und Ihre Aufmerksamkeit. Sie können die Aktionen die sie unternehmen kontrollieren, ungeachtet dessen was Ihre Gedanken und Gefühle Ihnen erzählen mögen(...). Und Sie können kontrollieren worauf Sie ihre Aufmerksamkeit richten,..

Und dann, im Gegensatz zu Epiktet:

Sie besitzen wenig Kontrolle über Ihre Gefühle, Gedanken, Erinnerungen, Impulse und Empfindungen-und je intensiver diese sind, desto weniger Kontrolle haben Sie.

Das bedeutet nun aber auch, dass jeder Versuch unsere Gedanken DIREKT zu verändern (z.B. durch inneres Disputieren) nur sehr unzureichend funktionieren kann.
Die gute Nachricht der Verhaltenstherapie (und auch der Stoa) aber ist, dass unsere Gefühle und Gedanken unserem Handeln FOLGEN.
Wir können also schlecht drauf sein UND unsere Kollegen freundlich behandeln.
Wir können Angst haben UND in der Besprechung unsere Ansicht vorbringen.
Wir können uns wie ein Versager fühlen UND gute und gewissenhafte Arbeit leisten.

Dann stellen wir vielleicht fest, das unsere Gedanken und Gefühle eher flüchtigen und irrealen Charakter haben, während unser Handeln die Welt um uns herum verändert.

1 Kommentar:

  1. Danke für den Buch-Tipp, das schaue ich mir mal an.
    Ich denke, dass Harris' Zitat total zu Epiktets berühmtem Zitat der Kontrolle über "Urteil, Bestrebung, Begier und Abneigung" passt bzw. es ergänzt, wenn man "Urteil, Bestrebung, Begier und Abneigung" als ein Ergebnis von Handlungen des Willens betrachtet. (Mag auch an den verschiedenen Übersetzungen und Definitionen liegen)

    Neulich habe ich was über Top-Down und Bottom-Up Emotionen gelesen, das die Ausführungen Harris' ergänzen könnte und sich auch in der Stoa wiederfindet. Die Top-Down Emotionen sind durch Gedanken beeinflussbar und die Bottom-Up weniger bis hin zum Gegenteil. (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pubmed/21296865)

    Den Tipp zu Handeln, egal was man fühlt, kann ich so nur bestätigen - das ist es, was einen nicht mehr zum Spielball von Gedanken und Gefühlen macht, aber einige nicht bereit sind (warum auch immer), zu tun. Diese Fähigkeit darf man trainieren!

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