Freitag, 24. Januar 2014

Das wahrhaft Gute

Ich lese gerade dieses Buch. Auch wenn ich erst 36% davon gelesen habe(ebook-Reader macht eine so genaue Angabe möglich ;-)), halte ich es für sehr empfehlenswert.
Darin wird unter anderem eine sehr interessante Übung zum Thema "Was ist aus sich selbst heraus gut?" empfohlen. Dabei teilt man eine Blatt in zwei Spatlten, überschreibt die eine mit "BEWUNDERNSWERT", die andere mit "BEGEHRENSWERT".

In die Spalte "BEWUNDERNSWERT" schreibt man sämtliche Dinge, Eigenschaften u.ä. die man ehrlich und aufrichtig an Anderen bewundert, bzw. die unseren Respekt verdienen, oder Vorbildcharakter für uns haben.

In die Spalte "BEGEHRENSWERT" schreibt man auf, was man sich für sich selbst wünscht, was man erstrebenswert findet, wofür man tagsüber viel Zeit aufwendet, um es zu bekommen.

Dann lässt man das Ergebnis auf sich wirken. Bei mir sah das ungefähr so aus:


BEWUNDERNSWERT
BEGEHRENSWERT

-          Selbstdisziplin
-          Ordnungssinn
-          Verbale und rhethorische Fertigkeiten
-          Intelligenz
-          Zur eigenen Meinung stehen, trotz Gegenwind, aber auch sich durch gute Argumente überzeugen lassen können
-          Angstfreiheit vor Autoritäten
-          Ehre und Würde, auch wenn es Nachteile bringt (Ned Stark ;-))
-          Contenance
-          Selbstbeherrschung gegenüber kulinarischen, sexuellen und monetären Verführungen
-          Durchhaltevermögen (Wildnis, Campen, Marathonläufe)
-          Gleichmut
-          Gelassenheit
-          Innere Unabhängigkeit

-          Gutes Essen und Trinken
-          Sexuelle Abenteuer
-          „Freizeit“, „Ausruhen“, „ Wellness“
-          Verwöhnt werden
-          Gute Emotionen, Glück
-          Finanzielle Sorglosigkeit
-          Gutes Aussehenen/ positive Wirkung aufs andere Geschlecht
-          Mit möglichst wenig Aufwand möglichst viel verdienen
-          Die Bewunderung anderer

Tja, was denn nun?

Mittwoch, 22. Januar 2014

Der weise Mann benötigt nichts, und kann doch von jedem Ding guten Gebrauch machen.
Der Narr benötigt zahllose Dinge und kann doch mit nichts davon etwas gescheites anfangen.

Chrysippus

Donnerstag, 9. Januar 2014

Die Würde des Menschen

ist unantastbar. So steht es im Artikel 1 des Grundgesetzes, und darüber bin ich sehr froh. Es bedeutet, dass kein Mensch diskriminiert, ausgegrenzt, gedemütigt oder gefoltert werden darf. Es bdeutet auch, dass jeder Mensch von Geburt an eine Würde hat, die heilig ist.

Auch die Kirchen betonen heutzutage die Menschenwürde, und legen besonderen Wert darauf, dass sich diese aus dem christlichen Menschenbild ableiten würde. In der (politischen!) Diskussion um Armut und Sozialleistungen des Staates betonen die Amtsträger insbesondere, dass die Würde des Einzelnen nicht an seiner Gesundheit, Arbeitsfähigkeit oder seiner Nützlichkeit für die Gesellschaft festmachen lasse.
Aber worin besteht diese Würde denn? Ein Wert, ein Begriff wie "Würde" oder auch "Treue" oder "Gerechtigkeit" schwebt ja nicht irgendwo im luftleeren Raum, sondern muss immer in konkretem Handeln sichtbar werden. Ich erlebe genug Menschen, die sich dieser Würde selbst berauben, indem sie beispielsweise volltrunken, von ihren eigenen Exkrementen bedeckt in der Gosse liegen.
Oder indem sie mit ihrem Verhalten für ihre Umwelt nur eine Belastung und Belästigung darstellen.
Indem sie sich Stück für Stück von der Glotze verdummen lassen, ihren Süchten fröhnen und allen anderen die Schuld für ihre Situation geben.

Tue ich einem Menschen wirklich einen Gefallen, wenn ich ihm versichere, dass er immer noch im Vollbesitz seiner Würde ist, egal wie sehr er sich gehen lässt?

Ich kannte mal eine Frau, die an multipler Sklerose im fortgeschrittenen Stadium litt. Sie verbrachte ihre Tage meist zu Hause und war auf komplette Rundumversorgung durch einen Pflegedienst angewiesen. Alles was sie noch konnte war lesen und telefonieren. Sie übernahm deshalb für ihren Verein die telefonische Rekrutierung und Einteilung von Vereinsmitgliedern für eine bestimmte regelmäßig wiederkehrende Aufgabe. Während dieser Telefonate zeigte sie sich als äußerst kluge und gebildete Frau, die auch manchen gute Rat auf Lager hatte. Diese Frau genoss den Respekt und die Dankbarkeit ihrer Umgebung und war trotz ihrer körperlichen Situation im Vollbesitz ihrer Würde.

Niemand kann uns an der Ausübung unserer Tugenden hindern.

Und niemand hindert uns daran, für die Gesellschaft von Nutzen zu sein. Niemand hindert uns daran, der alten Dame von nebenan die Zeitung vorzulesen, den Müll in dem kleinen Park wegzuräumen, Telefondienste zu übernehmen, Kuverts von Rundbriefen zu adressieren, bei öffentlichen Veranstaltungen zu helfen, alte Leute zu besuchen etc.

So klein der Dienst auch sein mag, Deine Würde bekommst Du indem Du Dich selbst beherrschst und etwas für andere tust. Und diese Würde muß auch jeden Tag von Neuem erworben werden.

Ohne praktizierte Tugenden jedoch bleibt Würde ein blutleeres, inhaltloses Lippenbekenntnis.


Gewöhnlich verachtet man freilich den, der nicht imstande ist, einem zu schaden. Es ist richtiger den zu verachten, der nicht imstande ist, zu nützen.

Epiktet- Unterredungen, Fragment 7

Freitag, 3. Januar 2014

Happy-End-Garantie?

Unser Kopf ist voll von Geschichten. Geschichten die wir gelesen, als Film im Kino gesehen oder als Aufführung im Theater gesehen haben. Eine gute Geschichte ist immer spannend, dramatisch, voller schicksalhafter Wechselfälle und geht meistens gut aus. Auch unsere Freunde und Familienmitglieder erzählen uns gerne gute Geschichten, die sie selbst erlebt haben. Dass dabei mal ein bisschen frisiert und dramatisiert wird schadet nichts, schließlich wollen wir als Zuhörer auch eine anständige Pointe. Und schließlich sind Geschichten unterhaltsam und lehrreich.

Was wir allerdings NIE tun sollten (und leider zu oft tun) ist, uns selbst Geschichten zu erzählen. Wenn wir unser Leben mit einem Roman verwechseln, werden unsere Erwartungen irrational. Dann glauben wir plötzlich, dass sich das Gute immer durchsetzt, oder dass es in unserem Leben nur DIE eine Liebe geben kann. Oder dass Emotionen wichtiger sind als Vernunft.
Wir geben dann den einfachen, nackten Tatsachen in unserem Leben schicksalhafte Bedeutungen. Oder vermuten Verhängnisse und Unheil, wo keines ist. Geben anderen Menschen die Schuld an unserer Situation, oder sehen weit zurückliegende Ereignisse als bestimmend für unser ganzes Leben an. Wir glauben dann vielleicht auch an den großen Retter, der unser Leben richten wird. Das kann der perfekte Partner, aber auch ein spiritueller Meister oder Seelsorger sein.

Die Dinge geschehen einfach im unabänderlichen Fluss der Atome und entziehen sich weitestgehend unserer Kontrolle. Unsere Urteile darüber jedoch stehen ganz in unserer Macht. Wenn wir uns Geschichten erzählen, die uns als Opfer beschreiben, oder als ohnmächtig einer Romanhandlung ausgeliefert, geben wir die einzige Macht ab, die wir haben.

Darum sollten wir uns darin üben, unseren inneren Dialog auf irrationale  (Lieblings-)Geschichten abzuhören, und uns nicht davor scheuen auch unsere Urteile über Vergangenes neu zu überdenken.

Das Leben ist einfach das Leben und kein Roman.