Der Blog von Professor Massimo Pigliucci. Abgesehen von Donald Robertson einer der fundiertesten und gehaltvollsten Blogs.
https://howtobeastoic.wordpress.com
Samstag, 10. Dezember 2016
Donnerstag, 8. Dezember 2016
Negativer Effekt der negativen Visualisierung
Mit diesem Post schlachte ich eine heilige Kuh des Stoizismus. Denn meiner Meinung nach sollte man die vielzitierte negative Visualisierung entweder nur in höchst abgeschwächter Form betreiben oder am Besten ganz sein lassen.
Wir leben in einer Zeit in der Depressionen, Ängste und Zwangserkrankungen epidemisch zunehmen. Die neuen Medien stürmen mit ihrer schreienden Informationsflut auf uns ein und peitschen uns mit ständig neuen Schreckensmeldungen auf.
Wir werden also ständig damit konfrontiert was alles geschehen kann, bzw. auf wieviel verschiedene Arten und Weisen man zu Tode kommen kann. Die Bilder schrecklicher Verbrechen und Terroranschläge werden uns rund um die Uhr frei Haus geliefert.
Diese Entwicklung noch mit zusätzlichen Imaginationen zu befeuern halte ich für wenig sinnvoll. Unsere ohnehin schon angespannte Psyche reagiert auf negative Visualierung und Bilder ähnlich wie auf tatsächliche Ereignisse. Unser Stresspegel steigt weiter an. Im schlimmsten Fall erkranken wir an einer generalisierten Angststörung. Bei dieser Erkrankung sind die Betroffenen nicht mehr in der Lage aus dem dauerbesorgten Zustand auszusteigen.
Der vermeintliche Effekt, dass man sich dadurch besser auf tatsächliche Ereignisse vorbereiten könne und einen das vorgestellte Ereignis, wenn es denn tatsächlich eintrifft, psychsisch weniger hart trifft, ist unbewiesene Theorie. Wir können Dinge mental erst dann verarbeiten und überwinden wenn sie uns tatsächlich treffen.
Und überhaupt, es gibt unzählige negative Ereignisse die uns zustoßen können: Verlust, Verbrechen, Raub, Mord , schwere Erkrankungen, Kindesentführung, Erdbeben, Flugzeugabstürze, Autounfälle, Wohnungsbrände, Krieg, Flucht, Terroranschläge, finanzieller Ruin, Scheidung und, und, und....
Wollen wir wirklich unsere kostbare Lebenszeit damit verbringen sie alle durch zu imaginieren? Ich möchte das nicht, und halte es aus den genannten Gründen auch nicht für sinnvoll. Auch verfügen wir nicht über die zeitlichen und finanziellen Ressourcen uns auf sämtliche negative Ereignisse konkret vorbereiten zu können.
(Wer das trotzdem tun möchte kann sich ja mal auf den Websites der sogenannten "Preppies" umsehen.)
Stattdessen folge ich dem Ansatz von Prof. Irvine und führe eine Liste auf der ich notiere wofür ich dankbar bin. Das können meine Frau und meine Kinder sein, aber auch die Tatsache dass ich laufen, atmen, leben kann, ich bin dankbar für frisches Wasser, den vollen Kühlschrank und so weiter.
Das verhindert die von Irvine so genannte hedonistische Adaption und bewirkt damit das gleiche wie die negative Visualisierung.
Wir leben in einer Zeit in der Depressionen, Ängste und Zwangserkrankungen epidemisch zunehmen. Die neuen Medien stürmen mit ihrer schreienden Informationsflut auf uns ein und peitschen uns mit ständig neuen Schreckensmeldungen auf.
Wir werden also ständig damit konfrontiert was alles geschehen kann, bzw. auf wieviel verschiedene Arten und Weisen man zu Tode kommen kann. Die Bilder schrecklicher Verbrechen und Terroranschläge werden uns rund um die Uhr frei Haus geliefert.
Diese Entwicklung noch mit zusätzlichen Imaginationen zu befeuern halte ich für wenig sinnvoll. Unsere ohnehin schon angespannte Psyche reagiert auf negative Visualierung und Bilder ähnlich wie auf tatsächliche Ereignisse. Unser Stresspegel steigt weiter an. Im schlimmsten Fall erkranken wir an einer generalisierten Angststörung. Bei dieser Erkrankung sind die Betroffenen nicht mehr in der Lage aus dem dauerbesorgten Zustand auszusteigen.
Der vermeintliche Effekt, dass man sich dadurch besser auf tatsächliche Ereignisse vorbereiten könne und einen das vorgestellte Ereignis, wenn es denn tatsächlich eintrifft, psychsisch weniger hart trifft, ist unbewiesene Theorie. Wir können Dinge mental erst dann verarbeiten und überwinden wenn sie uns tatsächlich treffen.
Und überhaupt, es gibt unzählige negative Ereignisse die uns zustoßen können: Verlust, Verbrechen, Raub, Mord , schwere Erkrankungen, Kindesentführung, Erdbeben, Flugzeugabstürze, Autounfälle, Wohnungsbrände, Krieg, Flucht, Terroranschläge, finanzieller Ruin, Scheidung und, und, und....
Wollen wir wirklich unsere kostbare Lebenszeit damit verbringen sie alle durch zu imaginieren? Ich möchte das nicht, und halte es aus den genannten Gründen auch nicht für sinnvoll. Auch verfügen wir nicht über die zeitlichen und finanziellen Ressourcen uns auf sämtliche negative Ereignisse konkret vorbereiten zu können.
(Wer das trotzdem tun möchte kann sich ja mal auf den Websites der sogenannten "Preppies" umsehen.)
Stattdessen folge ich dem Ansatz von Prof. Irvine und führe eine Liste auf der ich notiere wofür ich dankbar bin. Das können meine Frau und meine Kinder sein, aber auch die Tatsache dass ich laufen, atmen, leben kann, ich bin dankbar für frisches Wasser, den vollen Kühlschrank und so weiter.
Das verhindert die von Irvine so genannte hedonistische Adaption und bewirkt damit das gleiche wie die negative Visualisierung.
Freitag, 18. November 2016
Stoa auf Katholisch
In englischsprachigen Veröffentlichungen zur Stoa wird oft behauptet, dass sich die stoische Philosophie sehr gut mit allen(!) Glaubensrichtungen vereinbaren lässt. Jemand der aus christlicher Sicht damit ernst macht ist der Amerikaner Kevin Vost, Katholik und Experte für die Werke von Thomas von Aquin. Letzterer hat bekanntlich in einem Mammutwerk den christlichen Glauben mit der antiken Philosophie zu versöhnen versucht.
Vost, der auch schon ein Buch über die Tugenden geschrieben hat, beleuchtet in obigem Werk Musonius, Epiktet, Mark Aurel und Seneca und macht ihre Ansichten für katholische Christen fruchtbar. Ein interessanter und gewinnbringender Ansatz um die Stoa in den modernen Alltag zu übertragen.
Samstag, 12. November 2016
Deutschsprachige Stoiker
Unter dem folgenden Link befindet sich anscheinend eine deutschsprachige Seite über angewandten Stoizismus im Aufbau. Besuchen!!!
http://www.stoiker.net/
http://www.stoiker.net/
Donnerstag, 31. März 2016
Samstag, 19. September 2015
Hedonismus unter extremen Bedingungen
Es ist nicht der Stoiker, es ist der Hedonist, nicht nur der naive, sogar der epikuräisch-aufgeklärte, der einen guten Untertan abgibt, und sich wenig um die Änderung sozialer Missstände bemüht.
Aristipp u.a. erklären den Sinn der Tugenden rein inner-weltlich. So sorgt die Fairness im Umgang mit Mitmenschen beispielsweise für ein ruhiges Gewissen und guten Schlaf, für Freundschaft und gegenseitige Hilfsbereitschaft.
Das Halten der Gesetze schützt uns vor Unannehmlichkeiten wie Körperstrafen oder Gefängnis.
Es wäre von den antiken Philosophen zuviel verlangt, derart weitblickend gewesen zu sein, um die Diktaturen des 20 Jahrhunderts vorher zu sehen.
Diese zeichneten sich unter anderem durch die teilweise völlige Umwertung aller bestehenden Werte aus. Die Gesetze dienten nicht mehr dem Recht und dem Schutz der Bevölkerung vor Willkür, sondern waren selbst Ausdruck von Unrecht und Terror.
Plötzlich war es gut gegen Volksschädlinge besonders grausam vor zu gehen, plötzlich war es gut Kinder in die Gaskammer zu schicken oder "unzuverlässige" Elemente zu Tode zu foltern.
Ich frage mich wie Epikur oder ein "evolutionärer Humanist" wie Michael Schmidt-Salomon in einem solchen Regime gehandelt hätte. Und natürlich beziehe ich die Frage auch auf mich selbst.
Der Hedonismus, der keine weitere Funktion der Tugend kennt, außer einem möglichst viel Ruhe zu verschaffen, führt uns hier nicht weiter. Er funktioniert eben nur unter einigermaßen sicheren und wohlversorgten Umständen.
Auf Rückfrage aus dem Publikum während eines seiner Vorträge räumte der bekennende Hedonist Prof. Kanitscheider ein, Menschen unter Elendsbedingungen ohne Aussicht auf Besserung keine philosophischen Empfehlungen geben zu können. (Quelle)
Die Stoa dagegen erhebt den Anspruch auf eine Ethik, die jenseits von "Wohlfühlen" und Sättigung aller Grundbedürfnisse, einen Blick auf das Gute an sich wirft, und ihr Handeln daraus ableitet.
Aristipp u.a. erklären den Sinn der Tugenden rein inner-weltlich. So sorgt die Fairness im Umgang mit Mitmenschen beispielsweise für ein ruhiges Gewissen und guten Schlaf, für Freundschaft und gegenseitige Hilfsbereitschaft.
Das Halten der Gesetze schützt uns vor Unannehmlichkeiten wie Körperstrafen oder Gefängnis.
Es wäre von den antiken Philosophen zuviel verlangt, derart weitblickend gewesen zu sein, um die Diktaturen des 20 Jahrhunderts vorher zu sehen.
Diese zeichneten sich unter anderem durch die teilweise völlige Umwertung aller bestehenden Werte aus. Die Gesetze dienten nicht mehr dem Recht und dem Schutz der Bevölkerung vor Willkür, sondern waren selbst Ausdruck von Unrecht und Terror.
Plötzlich war es gut gegen Volksschädlinge besonders grausam vor zu gehen, plötzlich war es gut Kinder in die Gaskammer zu schicken oder "unzuverlässige" Elemente zu Tode zu foltern.
Ich frage mich wie Epikur oder ein "evolutionärer Humanist" wie Michael Schmidt-Salomon in einem solchen Regime gehandelt hätte. Und natürlich beziehe ich die Frage auch auf mich selbst.
Der Hedonismus, der keine weitere Funktion der Tugend kennt, außer einem möglichst viel Ruhe zu verschaffen, führt uns hier nicht weiter. Er funktioniert eben nur unter einigermaßen sicheren und wohlversorgten Umständen.
Auf Rückfrage aus dem Publikum während eines seiner Vorträge räumte der bekennende Hedonist Prof. Kanitscheider ein, Menschen unter Elendsbedingungen ohne Aussicht auf Besserung keine philosophischen Empfehlungen geben zu können. (Quelle)
Die Stoa dagegen erhebt den Anspruch auf eine Ethik, die jenseits von "Wohlfühlen" und Sättigung aller Grundbedürfnisse, einen Blick auf das Gute an sich wirft, und ihr Handeln daraus ableitet.
Samstag, 20. Juni 2015
Der Umgang mit Indifferentem
Für den Stoiker liegt das "Gute" und das "Schlechte" nur im eigenen Wollen und Streben. Als "Gut" zählen ausschließlich die 4 Kardinaltugenden Weisheit, Gerechtigkeit, Mäßigung und Tapferkeit. Die Kehrseiten dieser Tugenden, Narretei, Willkür, Unersättlichkeit und Feigheit sind "schlecht".
Da das was "Gut" oder "Schlecht" ist, per stoischer Definition auch unserer Kontrolle unterliegen muss, treffen diese beiden Wertungen nur auf unser Handeln, unser Denken und unser Wollen zu.
Alles andere ist "indifferent".
Also Fußball, Arbeitsplatz, Freunde, Krieg, Kinder, Wetter, Verkehr, Urlaub, Garten, Chaos, Sex, Essen, Leben, Krankheit, Pornographie, Musik, Kleidung, Umwelt ...und, und,und.
Alles indifferent, also egal?
Nun gibt es natürlich unter all diesen Dingen auch die sogenannten "bevorzugten" Dinge, also die, die wir natürlicherweise bevorzugen. So präferiert auch der Stoiker Gesundheit vor Krankheit, Familie/ Freunde vor Einsamkeit und gesunde Nahrung vor Hunger leiden.
Aber was ist mit dem ganzen Rest? Karten spielen oder andere Hobbies? Sport und Vereinsarbeit? Politische Betätigung oder Briefmarken sammeln?
Legt der Stoiker hier die Hände in den Schoß und zieht sich aus allem zurück weil ein Fußballspiel zum Beispiel nichts mit seiner Tugend zu tun hat? Ist er quasi wie gelähmt, wenn nicht gerade eine Tugend gefragt ist?
Vor einiger Zeit habe ich irgendwo die schöne Metapher des Töpfers gelesen. Der Stoiker ist der Töpfer und die indifferenten Dinge sind der Ton mit dem er arbeitet. Der Töpfer kann sich vor seiner leeren Drehscheibe die schönsten Gefäße in allern erdenklichen Formen ausmalen.
Greift er aber nicht zum Ton und beginnt zu arbeiten, entsteht nichts Greifbares aus seinen Vorstellungen, und seien sie auch noch so erhaben.
Umgekehrt hat der aber auch Ton auch keinen Wert an sich und keinerlei Intentionen, es ist ihm schlicht egal, was aus ihm wird.
Erst wenn der Töpfer den Ton auf seiner Drehscheibe bearbeitet, können aus ihm Teller, Töpfe, Krüge und andere Dinge von Schönheit und Wert entstehen.
Solange der Stoiker also still und passiv in seiner Kammer sitzt und die Hände in den Schoss legt, existiert seine Tugend nur irgendwo in seiner Vorstellung, im luftleeren Raum. Er kann die herrlichsten und ausgefeiltesten Definitionen der einzelnen Tugenden ersinnen, es bleibt doch nur Trug und Schein.
Erst in seinem Umgang mit den indifferenten Dingen bekommt er Gelegenheit seine Tugenden konkret zu verwirklichen und etwas von Wert zu schaffen.
Ein Fußballspiel zum Beispiel hat keinerlei Wert an sich. Erst wenn es von den Beteiligten im richtigen sportlichen Geist, getragen von Fairness, Selbstdisziplin, Tapferkeit und Akzeptanz des Ergebnisses ausgetragen wird, kann es ein "gutes" Spiel im stoischen Sinne werde.
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